Mensch-Tier

von Ilse Toth

Haben Sie bitte Verständnis für die Katze!
Ich habe mir einige Gedanken gemacht zur heutigen Mensch-Tier-Beziehung im häuslichen bereich.

Gerade Tierschützer haben es mit sehr vielen Menschen zu tun. Wir wissen deshalb um die vielschichtige Problematik der Katzen- und Vogelliebhaber. Es hat schon sehr viel böses Blut gegeben und wir wollen nachher versuchen, ob es uns nicht gemeinschaftlich gelingt, praktikable Vorschläge zu machen, die Situation zu verbessern.
Wir Zweibeiner kamen spät auf unsere Erde. Fragen wie: woher kommen, wir, wie sind wir entstanden, wer waren unsere Vorfahren, sind bis heut noch teilweise ungeklärt. Doch eines wissen wir: Menschen und Tiere haben die gleiche Entstehungsgeschichte, kurz wir sind eng miteinander verwandt und doch so verschieden.

Als letztes Glied einer unendlich langen Evolutionsgeschichte haben wir es geschafft, Beherrscher unseres Planeten u werden.
Ob wir nun von den Schmalnasenaffen abstammen, wie Ernst Häckel ohne Punkt und Komma meint, oder nicht, Primaten waren unsere Vorfahren allemal.

Und so sind wir eben ein Tier mit Namen Mensch.
Für die von Ihnen, die sich mit der tierischen Stammesgeschichte nicht so recht anfreunden wollen sei der Satz eines Philosophen ein Trost, der meinte: die Würde des Menschen hängt gar nicht ab von der Art und Weise, wie wir entstanden sind, sondern daran, wie wir jetzt sind. Es liegt in Jedermanns Ermessen, wie er dies auslegen möchte.
Das Dunkel unserer eigenen Vorgeschichte wollen wir heute Abend nicht lichten, sondern uns daran erinnern, wie nahe Menschen und Tiere zusammengehören, und vielleicht auch ein bisschen an dem Sockel rütteln, auf den "die Krone der Schöpfung" sich gesetzt hat!
Eines unterscheidet uns Menschen erheblich von den Tieren. Tiere haben weder ein moralisches noch ein unmoralisches Verhalten. Egal, welchen Beliebtheitsgrad sie haben. Kein Tier kann für sein Verhalten verantwortlich gemacht werden. Von Menschen verursachtes Leiden und Sterben ist keineswegs wertneutral.

Was wollen wir von den Tieren und was wollen die Tiere von uns?
Ganz unvoreingenommen ist festzustellen, dass die Liebe zum lebenden oder getöteten Tier geschlechtsspezifisch sein kann.
Das hat schon Lorens festgestellt. Männer haben die Tendenz zum Erjagen und Sammeln von Trophäen. Dies ist verbunden mit Abenteuerlust. Frauen neigen zum Betreuen und Pflegen von Tieren.
Wollen die Herren öfter mit Tieren oder Beute imponieren, so sind die Damen bei der Zucht und Haltung von Tieren mit kindchenähnlichen Merkmalen in der Überzahl.
Alle, die ein Tier halten, stellen in irgendeiner Weise Ansprüche an das Tier.

Tier sind wirksame Mittel gegen Einsamkeit und Depressionen.

Sie verhindern sogar Selbstmorde. Gerade Katzen und pfeifende, singende und sprechende Vögel erfüllen den Traum, und das Bedürfnis des Menschen nach Berührung, Nähe und Zärtlichkeit. Dinge, die in unserer zivilisierten Welt oft zu kurz kommen. Seelentröster Tier, immer präsent zum knuddeln,! Sie erfüllen den Wunsch nach" Gebrauchtwerden".
Tiere stiften soziale Kontakte zu anderen Menschen. Menschen mit Tieren sind oftmals offener und zufriedener. Tiere bieten unerschöpflichen Gesprächsstoff.
Sie können auch Gesprächspartner sein und oftmals die einzigen!" Einsame Menschen teilen mit ihrem Tier Freud und Leid, Tiere sind die geduldigsten Zuhörer- und sie widersprechen nie! Sie sind in der Lage, die Stimmungen ihrer Menschen zu erkenn und zu akzeptieren.

Allerdings zeigen uns immer mehr neurotische Haustiere, dass wir sie mit unserer Leibe und Fürsorge auch krank machen können. Ein vermenschlichtes Tier ist ein armes Tier!
Im Ausland schon Praxis, ziehen auch bei uns schon vermehrt Tiere in verschiedene Institutionen ein. Z. B. in Alten- und Seniorenheime, psychiatrische Pflegestationen, Kinderheime und Gefängnisse. Dort wirken die Tiere positiv auf die Lebenseinstellung, bieten Soff für Gespräche, fördern die Aktivitäten und lenken von Problemen ab.

Sie fördern Kontakte und oftmals werden die Randgruppen unserer Gesellschaft durch Tiere glücklicher. Kommunikation mit dem Tier ist oft der erste Schritt zur Kommunikation miteinander.
Ich erinnere mich an ein schwer sprachgestörtes Kind, was fast täglich unsere Katzen im Tierheim besuchte. Seine Probleme hat es mit den Tieren besprochen. Es wurde immer freier im Erzählen mit den Tieren, die geduldig zuhörten und nicht verbesserten. Durch den Umgang mit den Katzen hat dieses Kind enorme Fortschritte in seiner Sprachtherapie gemacht.
Kinder und Tiere sind überhaupt ein tolles Team. Kinder lernen im Umgang mit dem Tier Selbstdisziplin und Verantwortungsgefühl. Ein Tier gibt Trost in vielen Situationen.
Es ist gerade für Tierschützer eine große Aufgabe, Verständnis für Sinn und Zweck der Mensch-Tierbeziehung zu wecken und die Bereitschaft aller zu fördern, gut miteinander auszukommen.
Tiere bringen in großer Vielfalt für Menschen Freude und Glück, Hilfe und Entlastung im Lebens Alltag. Ihre Nutzen als Haustier ist um ein vielfaches höher einzustufen als der Schaden, den sie evtl. in der Natur anrichten könnten.
Selbstverständlich bringen Tiere auch Probleme. Alle werden wir nicht lösen können, aber Schwierigkeiten müssen zum Wohle aller überwunden und gemindert werden. Bedrohungen gegen einander und Gewaltakte gegen Tiere müssen wir verurteilen.

Durch das Töten eines geliebten Haustieres, auch hier spreche ich mit Besonderem von der Gefährdung von Hauskatzen, kann das Leben von Kindern, alten und kranken Menschen erheblich beeinträchtigen.
Trotz allem Schutz gegenüber freilebenden Tieren müssen alle daran denken, dass man Menschen, die ein geliebtes Haustier verlieren für lange Zeit ihre Lebensfreude nehmen kann. Man fügt diesen Menschen großes Leid zu.
Kritikern, die Einwände gegen eine innige Mensch-Tier-Beziehung haben, oder eigenen Interessen Vorrang geben, sei gesagt, dass unsere Gesellschaft die Schuld an der Vereinsamung unserer Minderheiten hat.

Das Verhältnis des Menschen zur Natur und zum friedlichen Miteinander steckt in einer großen Krise.
Einzelne Gruppen denken oftmals sehr egoistisch. Wir alle kommen aus einer Welt. Warum können wir nicht lernen, dass alles, was wir zerstören, nicht mehr gekauft und auch nicht selbst wieder gemacht werden kann.
Tiere brauchen unsere Toleranz, sie sind kein von uns gesteuerter Computer. Wir müssen sie annehmen, wie die Natur sie erschaffen hat.
Dieser müssen sie zu Willen sein. Diese Natur, ich wiederhole dies, ist unser gemeinschaftliches, stammesgeschichtliches Erbe.
Misstrauen, Ablehnung, Feindseligkeit und Bosheiten stehen uns Menschen gegenüber den Tieren nicht zu. Wir können und dürfen Tiere mit den von uns gesetzten Maßstäben nicht messen. Nur wir Menschen bringen mit Absicht und Vorsatz viel Leid auf die Welt.
Wir haben die Tötungsmaschinen in unendlicher Vielfalt und Grausamkeit Kraft unseres Gehirnes erfunden.
Nicht die Katze ist falsch oder grausam, weil sie die Natur zum Beutefänger gemacht hat. Der Katze hat die Natur die dafür notwendige Ausstattung mitgegeben.
Wir haben kein Recht, !Raubtiere", die nicht rauben, sondern Beutegreifer sind, als bestialisch oder gar unmoralisch zu bezeichnen. Wie können gerade wir Menschen es wagen, sie zu verdammen und töten zu wollen?

Tiere unterliegen ihrer angeborenen Verhaltensweise. Sie sind weder "gut" noch "böse"! Sie sind aber auch nicht egoistisch, herzlos oder habgierig, sie wollen auch niemanden unterdrücken.

Zum Schluss noch einige Sätze zu den viel geliebten und heißverehrten und ebenso verteufelten Katzen.
Über 2000 Jahre ist sie mit den Menschen in die Zivilisation gezogen. Nie wurde sie so domestiziert wie der Hund. All diese vielen Hunderte von Jahren hätte sie Zeit gehabt, andere Tiere zu dezimieren oder gar auszurotten.

Sollte ihr das nun wirklich in den letzten Jahrzehnten gelungen sein?
Oder suchen wir Menschen nicht wieder für unser eigenes Versagen einen schuldigen?
Suchen wir ein Alibi und einen Täter für unser eigenes Versagen?
Das Drama der Katze ist ihre eigene Possierlichkeit, besonders im Welpenalter. Was gibt es Schöneres als ein Kätzchen?

Durch ihre hilfsbedürftige Anschmiegsamkeit, ihre viel zitierte Unabhängigkeit und Pflegeleichtigkeit, lassen sich viele Menschen unüberlegt zur Anschaffung einer Katze verleiten.
Sind die putzigen Tierkinder erwachsen, eigenständig und eigenwillig- und manchmal unergründlich in ihrem Handeln, so werden sie ausgesetzt und gnadenlos ihrem Schicksal überlassen.
Traurige Endstation auf der Strasse, aber auch in Feld und Wald. Die vielen halbverhungerten, kranken und leidenden Katzen, die jährlich in den Tierheimen abgegeben werden, sprechen eine deutliche Sprache.

Der plötzliche Verlust der geliebten Menschen und des vertrauten Heimes lässt sie ziellos auf der Suche nach dem Verlorenen umherirren.
Einige finden sich nach kurzer oder längerer Zeit zurecht, suchen wieder die Nähe der Menschen. Die Meisten jedoch von ihnen verkommen auf der Suche nach ihrem Zuhause.
Sicherlich werden die wenigsten dieser armen Tiere aufgegriffen. Die meisten sterben, werden an- oder überfahren, an- oder erschossen, verhungern, werden erschlagen.

Ich hoffe sehr, dass wir gemeinschaftlich einen weg finden werden, Toleranz auszuüben und dennoch auch Wege, den Vögeln einen gewisses Maß an Schutz zu geben, ohne die Katze auf tierquälerische Art und weise in ihrer Freiheit zu beeinträchtigen oder ihr sogar die Lebensberechtigung zu nehmen.
Die Katze ist trotz massivem Einsatz von Chemie noch immer nicht "arbeitslos" geworden. Sie arbeitet auch wesentlich umweltfreundlicher.
Ihre Hauptaufgabe heute ist allerdings, Menschen zu erfreuen. Sie hat Einzug in die Herzen vieler Katzenfreunde gehalten.

Einen Satz von Albert Schweitzer möchte ich noch sagen, der uns alle ein wenig wachrütteln sollte:
Ein Mensch lebt nur dann nach sittlichen Maßstäben, wenn das Leben als solches ihm heilig ist, das Leben von Pflanzen, Tieren und Menschen und wenn er allem Leben hilft, dass der Hilfe bedarf.


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